Nachbarliche Konflikte mit der Reichsstadt Rothenburg o.d.T.
Burgbernheim war "Grenzort"
Rothenburg ist heute beliebtes Nahziel der
Burgbernheimer und die Rothenburger kommen gerne nach Burgbernheim; schwer
vorstellbar, dass noch vor 200 Jahren beide Nachbarorte unterschiedlichen
Herrschaftssystemen angehörten, die sich nicht immer wohlgesonnen waren.
Hier Burgbernheim im Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, dort die Freie
Reichsstadt Rothenburg, die Ende des 14. Jahrhunderts unter ihrem
Bürgermeister Toppler begonnen hatte, ein eigenes Territorium – die
Landwehr – aufzubauen. Dazu gehörten umfangreiche Wälder auf der
Frankenhöhe, z. B. auf der Hohen Leite, die Rothenburg mit der Herrschaft
Endsee von den Hohenlohe erworben hatte. Der Markgraf beobachtete dies mit
Argwohn, setzte es doch seinem Expansionsstreben eine deutliche Grenze,
insbesondere als die Rothenburger im 15. Jh. begannen, die Landwehr nach
außen mit doppeltem Wall-Grabensystem – die Landhege – zu sichern.
Anderweitige "Territorialgrenzen" gab es nicht. Burgbernheim als
vorgeschobener markgräflicher Ort bekam das gespannte Verhältnis zu
spüren.
Nadelstiche
Meist war es eine Politik der Nadelstiche, die
das Verhältnis trübte. Burgbernheim, Sitz eines markgräflichen Unteramts,
kam die Rolle des Vollstreckers markgräflicher Befehle zu. Relativ
harmlos erscheint ein Vorfall aus dem Jahr 1619 – seit einem Jahr war der
Dreißigjährige Krieg im Gang. Da beschwerte sich der ehrwürdige Rat
der Stadt Rothenburg bei den „fürstlichen Räten zu Neuenstadt an der
Aisch“ über den Burgbernheimer Schultheißen Georg Oberländer. Dieser hatte
sich angemaßt, eine Kompagnie Windsheimer Soldaten durch die Landwehr vor
das Rothenburger Stadttor zu führen! Kein geringerer als der spätere
Bürgermeister und Held des Meistertrunks, Georg Nusch, wurde beauftragt,
zusammen mit zwei Dutzend bewaffneter Rothenburger Untertanen, die
Eindringlinge zurück zur Landwehrgrenze beim Steinacher Kunigundenturm zu
begleiten. (Vgl. Richard Schmidt, Chronik von Steinach, S. 204).
Strittig zwischen beiden Herrschaftsgebieten waren zum einen die
Fraischgrenze, d.h. die Zuständigkeit der Hohen Gerichtsbarkeit, die sich
weitgehend mit der Territorialgrenze deckte, zum andern die Jagd- bzw.
Wildbanngrenze. Dazu kam, dass beide Seiten Grundbesitz und Vogteirechte
im jeweils anderen Gebiet hatten. Die oben erwähnte Grenzsicherung mit
Wall und Graben war auf der Frankenhöhe nicht ausgeführt. Die Grenzen
waren lediglich versteint. Fraisch- und Wildbannsteine sind z. T. heute
noch gut erhalten. Sie zeigen auf einer Seite das Rothenburger, auf der
anderen das Brandenburger Wappen, bzw. die Buchstaben „R“ und „B“.
Teilweise war das Jagdrecht geteilt: Dem Markgrafen stand das hohe,
Rothenburg zu bestimmten Zeiten das niedere Waidwerk zu. Durch den Ausgang
des Bauernkriegs gestärkt, hatten die Brandenburger schon 1543 die
Jagdgrenze bis an den (westlichen) Fuß der Frankenhöhe, einschließlich
Endseer Berg, ausgedehnt und versuchten nun, diese als Fraisch- bzw.
Territorialgrenze durchzusetzen. Da tauchten 1611 und 1617 in Burgbernheim
auf mysteriöse Weise die angeblich „einst geraubten, alten
Privilegienurkunden“ auf, die u.a. „bewiesen“, dass die Burgbernheimer
Fraisch früher das umstrittene Gebiet einschloss!
.
Streit um Urphershofen/Wachtelbuck
Einen Höhepunkt der Auseinandersetzungen stellen die Ereignisse in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts um das Dorf Urphershofen dar. (R. Hahn,
Urfershofen, ein Dorf an der Rothenburger Landwehrgrenze..., Die Linde,
1960, Nr.3). 1704 errichteten die Markgräfler auf der Hohen Leite das
Jägerhaus. (Es wurde 1742 wieder abgerissen; der Standort, unmittelbar
neben einem Rothenburger Grenzstein, ist noch deutlich zu erkennen). In
der Reichsstadt betrachtete man das als Affront und beschloss, unterhalb
des Heimatsees, an der Stelle des Ende des 14. Jahrhunderts wüst
gefallenen Dorfes Irnfriedeshofen, wieder Bauern anzusiedeln: Melchior
Albrecht aus Nordenberg und Hans-Georg Kaiser aus Hartershofen. Später
ließ sich noch der Schonacher Wilhelm Rupp in Urfershofen, wie das neu
gegründete Dorf im umstrittenen Grenzland nun genannt wurde, nieder.
In Burgbernheim waltete zu jener Zeit der markgräfliche Amtmann und
Schultheiß Leo Heinrich Schlegel. Er spottete, dass der Ort, den die
Rothenburger Urfershofen nennen, in Wirklichkeit Wacholderbuck oder
Wachtelbuck heiße und verlangte, die heimlich gebauten Häuser wieder
einzureißen, denn der Markgraf habe bei der Wiederbesiedelung ein Wort
mitzureden: „Dadurch, dass Markgraf Albrecht Achilles (1437-1486) aus
lauter gnädigem Willen … den Rothenburgern gestattet habe, die Landhege zu
bauen, habe er sein von den Burggrafen ererbtes Vorrecht in keiner Weise
aufgegeben.“ Anlass zu weiteren Provokationen gegen die Reichsstadt
gaben zwei Fraischfälle des Jahres 1718. In Burgbernheim sollte im Januar
Leutnant Bühlau hingerichtet werden, der im Gasthaus Fluhrer (Hirschen)
seinen Kameraden erstochen hatte, und im März des gleichen Jahres der
Burgbernheimer Amtsknecht Barthel, der Anführer bei einem Raubüberfall in
Windelsbach war. (Vgl. Hupfer S. 256). Es war altes Ritual, „peinliche“
Gerichtstage durch das „Zetergeschrei“ an der Fraischgrenze auszurufen und
diese dadurch zu manifestieren. Das nutzte, zumindest nach Rothenburger
Lesart, unser markgräflicher Schultheiß Schlegel in beiden Fällen zu
Grenzverletzungen. Die Ausrufer ritten durch von Rothenburg beanspruchtes
Gebiet, von Ober- nach Unternordenberg, durch Urphershofen und den
Schlingenbach zum Landturm bei Steinach. An allen genannten Orten wurde
die alte Formel in die Landwehr hineingerufen. Die Proteste der
Rothenburger kamen zu spät. Dem setzten die Markgräfler noch eins
drauf. In einer Aprilnacht des Jahres 1722 überfiel ein vom Burgbernheimer
Gemeindeknecht angeführter Haufen mit neun „Ausschüssern“, bewaffnet mit
„Ober- und Untergewehr“ (Schulter- und Seitengewehr), das Haus des
Melchior Albrecht in Urphershofen. Die Bauern glaubten an einen
Raubüberfall, wie einige Jahre vorher in Windelsbach, und setzten sich mit
Hacken und Mistgabeln zur Wehr. Der widerspenstige Sohn des Bauern erhielt
eine saftige Maulschelle. Der Gemeindeknecht gab vor, einen flüchtigen
Bergeler Burschen zu suchen, der sich in Urphershofen aufhalten solle. Die
Hausdurchsuchung blieb erfolglos. Dieser Vorfall hatte einen scharfen
Schriftwechsel zur Folge, zwischen Rothenburg auf der einen, Burgbernheim
und Bayreuth auf der anderen Seite, der im Rothenburger Stadtarchiv eine
dicke Akte füllt. Erst eineinhalb Jahre später kam es zu einem Vergleich.
Vorausgegangen war ein gemeinsamer Umritt der Fraischgrenze. Im folgenden
Jahr wurde eine aus dem markgräflichen Land nach Urphershofen geflüchtete
„Dirne“ von den Rothenburger Reichsrichtern am Kunigundenturm „außer den
Schranken zu Ende der Landhege“ ausgeliefert, nicht ohne dass unser
Schultheiß, Amtmann und Richter Schlegel wiederum energischen Protest
einlegte. Das war die deutsche Kleinstaaterei! Zum
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