Die Erlachsiedlung

In der Siedlung Erlach spiegeln sich die deutsche und die Burgbernheimer Nachkriegsgeschichte

 

 

Zwei Gehöfte in einer 20 Hektar großen Waldschneise westlich der Straße nach Hornau, an der der Burgbernheimer Gemarkungsgrenze, bilden die Siedlung Erlach. Die Siedlung entstand in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als es galt, Heimatvertriebenen bzw. Flüchtlingen eine neue Existenzgrundlage zu geben. Die Höfe gehören heute noch Nachkommen der Gründerfamilien Deglau aus Ostpreußen und Stockinger aus dem Sudetenland.

Erlach

Siedlung Erlach am Rand des Burgbernheimer Waldes. Links der Hof Deglau, rechts Stockinger, dahinter die Kreisstraße nach Hornau.
Das Feld unten rechts  gehört nicht dazu. Hintergrund Burgbernheim  
© Stadt Burgbernheim

 

 

Nach dem zweiten Weltkrieg verloren fast 12 Millionen Deutsche ihre Heimat im Osten und kamen nach Restdeutschland, davon aus Ostpreußen rund 1,9 Millionen, aus dem Sudetenland rund 2,9 Millionen. In Bayern waren fast zwei Millionen zu integrieren. Etwa die Hälfte davon stellten die ab 1946 aus der Tschechoslowakei ausgewiesenen Sudetendeutschen dar.

Im Burgbernheimer Wald hatten die Trockenheit des Jahres 1947 und Borkenkäferbefall 110 Hektar Kahlfläche verursacht. Das Nutzholz war bereits verkauft, die Wurzelstöcke steckten noch im Boden, als die Gemeinde in der Waldabteilung Erlache je 10 Hektar an o. g. Familien zur Neuansiedlung abtrat. Die rechtliche Grundlage für die Eingliederung bildete das Flüchtlingssiedlungsgesetz. Die Bayerische Landessiedlung vermittelte zinsgünstige Darlehen.

Noch 1949 begannen die Neusiedler mit der Urbarmachung ihrer 10 Hektar: Wurzelstöcke graben – alles in Handarbeit, mit Ketten wurden die Stöcke herausgezogen und später verkauft! So wurde etappenweise neues Land für den Ackerbau geschaffen. Die Familien wohnten zu dieser Zeit im Markgrafenbau des Wildbads.

 

Wer waren die Neusiedler?
Am 18. Mai 1946 musste die 32 Jahre alte Klara Stockinger mit vier Kindern im Alter von 3-9 Jahren ihren Hof im Sudetenland, in Millik bei Neuern, Kreis Eisenstein, räumen. Ehemann Alois befand sich in Kriegsgefangenschaft und stieß erst in Burgbernheim zur Familie. Noch 1946 fand die Familie in Burgbernheim Unterkunft, zunächst in der Erlmühle, von wo aus die schulpflichtigen Kinder täglich zur Schule laufen mussten. 1950 konnte das inzwischen gebaute Haus mit Stallung bezogen werden. Über Darlehen wurde zunächst eine Kuh angeschafft (900 DM). Weitere Tiere und Geräte folgten. Die Familie errichtete später eine kleine Kapelle. Die notarielle Zuschreibung des Grundstücks erfolgte erst im Februar 1951. Kaufpreis 3960 DM. In der Urkunde ließ sich die Gemeinde bestätigen, dass der Verkauf auf das eventuelle Landabgabesoll anzurechnen sei.

1968 übernahmen Sohn Karl Stockinger mit Ehefrau Cäcilie Hildegard das Anwesen.

 

Weitere 10 ha erhielt der 1921 bei Tilsit in Ostpreußen geborene Herbert Deglau. Nach kurzer amerkanischer Kriegsgefangenschaft kam der Unverheiratete 1945 nach Franken. Eine Rückkehr in seine Heimat war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. 1947/1948 fand er am Hof des Burgbernheimer Bürgermeisters Weiß Arbeit. Von der Gemeinde wurden ihm die 10 ha Land in der Erlach zum Roden zugewiesen. Seine Beziehungen verhalfen Herbert Deglau bald zu Pflug und Pferd, zeitweise standen ihm bis zu vier Pferde zur Verfügung. 1949 begann der Hausbau mit angrenzender Scheune. Der Nachweis einer eigenen Existenz ermöglichte die Aufnahme seiner aus Ostpreußen geflüchteten Eltern und Geschwister. Er heiratete 1950 Maria Käfer aus Hornau. Die erste Tochter wurde bereits Ende 1950 in diesem Haus geboren. Damals gab es zwei Kühe und 12 Hühner, später kamen acht Milchkühe dazu. 1968 wurde auf Ferkelerzeugung umgestellt.

Stromanschluss kam für beide Höfe erst Weihnachten 1959 aus Hornau. Vorher beleuchteten Petroleumlampen die Wohnung, in den Stall ging man mit Sturmlaternen.

Den Deglauhof übernahmen 1982 Lothar und Erna Deglau und bauten ein neues Wohnhaus.

Auf beiden Höfen wird heute keine Landwirtschaft mehr betrieben, die Felder sind verpachtet. Nachkommen der nächsten Generation bauten weitere Wohnhäuser.

Hermann Emmert

(Dieser Bericht erschien 2022 im Mitteilungsblatt der Stadt Burgbernheim)